Sprachliche Seltsamkeiten beim Thema „Krieg“ 3

Ich finde es beunruhigend, wie die Grausamkeit des Krieges durch sprachliche Konstruktionen sozusagen „relativiert“ wird. Dies scheint mir ganz besonders für den folgenden Begriff zu gelten:

Putin wurde als „Kriegsverbrecher“ eingestuft. Dies ist nicht nur ein seltsamer, sondern meiner Meinung nach geradezu gefährlicher Begriff, da er suggeriert, dass man Krieg führen kann, ohne Verbrecher zu sein oder ein Verbrechen zu verüben.

Im ersten Beitrag habe ich versucht, nachzuvollziehen, wie in den Köpfen die Vorstellung installiert wird, dass „es grausame und nicht-grausame Kriege“ geben kann. Im zweiten Beitrag habe ich versucht, die Logik zu verstehen, die einen „Massenmord auf Befehl“ mithilfe einer „für die Bevölkerung logischen Begründung“ in eine gerechtfertigte Methode zur Durchsetzung von Interessen verwandelt.

Mit dem Begriff „Kriegsverbrecher“ wird nun der verbrecherische Charakter des Krieges, ein Massenmord auf Befehl, sozusagen rückwirkend verschleiert, indem nur bestimmte Handlungen im Krieg, wie z. B. Zivilisten gezielt zu ermorden, als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ angesehen werden, was ich nachgerade für lächerlich halte. Jeder Krieg trifft immer und vor allem Zivilisten. Mir ist jedenfalls kein Krieg bekannt, wo die Bevölkerung nicht unsäglich gelitten hat.

Zum Vergleich dieser Art von sprachlicher „Überarbeitung der Realität“ fällt mir nur das Thema Vergewaltigung in der Ehe ein. Letztlich eine Mischung aus Straftatbeständen wie Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsberaubung, Mißhandlung u. a., die faktisch gegeben waren, die jedoch durch den Umstand „Ehe“ sozusagen „wegretuschiert“ und irgendwie „gerechtfertigt“ wurden.

Wenn es stimmt, dass „Gedanken Realität schaffen“, dann wäre es höchste Zeit, hier eine präzise Sprache zu verwenden. Wenn wir es also wirklich ernst meinen damit, Frieden auf Erden schaffen zu wollen, dann müsste Krieg generell, ohne Ausnahme, als Verbrechen und Führungsversagen angesehen werden. Einen Krieg anzuzetteln, wäre also eine strafbare Handlung und wer einen Krieg anzettelt, wäre automatisch ein Verbrecher.  Wie könnte man es sonst erreichen, dass Krieg als Lösungsmethode für Konflikte für niemandem und in keiner Situation und mit keiner Begründung mehr akzeptabel ist?

Vermutlich nur, wenn Personen in Führungspositionen, die kriegerisch daherkommen, und diejenigen, die ihre Befehle ausführen, nicht länger als „Helden“ angesehen werden, sondern als „Versager“. Das „unschuldige Volk“ dürfte es auch nicht mehr geben, wenn es sich eine „Begründung“ vorsetzen lässt, um Krieg zu rechtfertigen. Krieg wäre dann also ein Zeichen dafür, dass jemand nicht fähig ist, seine Konflikte auf eine zivilisierte Art zu lösen. Halte ich es für möglich, dass wir das jemals erreichen? Schön wär’s schon, aber ich bin ja nicht verrückt…;-)

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